Ein Rückblick –

von Wolfgang Häfelinger

 

Hessen-Seminar 20.-22.01.2017

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Wie bei vielen auch, bestand meine ursprüngliche Motivation für das Jagdhornblasen darin, dem erlegten Stück auch musikalisch meinen Respekt zu verkünden. Aber wie das so ist, man findet Gefallen am Musizieren, schließt sich einer ordentlichen Truppe an, trifft sich einmal die Woche zum gemeinsamen Üben und müht sich auch den einen oder anderen Tag freiwillig. Man schreitet bläserisch vorwärts, jedoch leider nur nach dem Prinzip “steter Tropfen höhlt die Klangschale”.

 

Aber halt, da gibt es doch ein jährlich wiederkehrendes Seminar der Jagdhornbläser-Gilde. Ob man da nicht bläserischen Kraftstoff tanken könnte? Um dann mit vollem Schub durchs kommende Jagdjahr zu brausen? Opfern müsste man im Januar ein komplettes Wochenende, sich in die Rhön - wo ist dass denn? - begeben, kostenpflichtig wärs auch und am schlimmsten, wer weiss welche Grausamkeiten sich die Kursleitung ausgedacht hat? Alleine vor versammelter Truppe das “Hohe Wecken” blasen etwa? Muss ich mir das antun?

 

Für alle die sich mir ähnlichen Gedanken und Fragen plagen: Ja, ja und nochmals ja.

 

Ich bin restlos begeistert von diesem Seminar! Es ist unglaublich welche musikalische Energie man in nur einem Wochenende tanken kann. Man wird regelrecht nach vorne katapultiert. Dazu noch ein sehr nettes Hotel, eingebettet in einer herrlichen Winterlandschaft, gutes Essen, freundliche Kursleitung, fähige Lehrer und die Bar hat auch die halbe Nacht geöffnet. Mehr braucht es wirklich nicht.

 

Und nun für all diejenigen, die am Lehrgangshaken angebissen haben, aber noch nicht aufs Trockene gezogen wurden: Wie verläuft den so ein Lehrgang?

 

Nach der Anreise am Freitagnachmittag in kompletter Runde — so wie es sich wohl gehört — zunächst die Lippen aufwärmen (buzzing). Nebenbei werden die Lehrer und die Kursleitung vorgestellt. Dann gemeinsames Buzzing des Kanons “Bruder Jakob”. Danach grobe Einteilung in Gruppen, sodass etwa Gruppengrössen um 7-10 Personen entstehen. Rückzug der einzelnen Gruppen in Kursräume zum gemeinsamen Üben. Schreck, nun muss man wirklich alleine was vorblasen. Aber nur kurz um zu sehen, dass die durch die Einteilung eine homogene Gruppe entstand. Prima, das ist gut so. So und nun gemeinsam mit voller Kraft alle bekannten Jagdmärsche und Fanfaren schmettern? Mitnichten.

 

Im Wesentlichen dreht sich mein Kurs um Wesentliches: Atemtechnik, Stütze, Lufteinteilung, Buzzing mit und ohne Mundstück, gemeinsamer Einsatz, saubere Töne, laut versus leise, Intonation, usw. Hört sich langweiliger an als es ist. Es werden in diesem Zusammenhang viele abwechslungsreiche und spannende Übungen präsentiert. Etwa im Kreise nach Aussen stehend und in vollkommener Dunkelheit einen Ton so an den Nachbarn weitergeben bzw. von diesem aufnehmen, ohne dass es hörbare Pausen gibt? Als ob ein Ton laufend im Raum schwebt? Das ist schon bei Tageslicht schwierig.

 

Nach dem Abendessen dann Theorie für diejenigen, welche sich leichtsinnigerweise für das Ablegen eines Leistungsabzeichens entschieden haben. Bei den “Bronzenen” beschränkt sich die Theorie auf der Tonleiter, gebräuchliche Notenschlüssel sowie den Symbolen für Noten und Pausen (Ganz, Halb, Viertel, Achtel und Sechzehntel). Bei den “Silbernen” ist das Niveau fordernder. Dort muss man sich mit Quinten und Terzen und ähnlich Grauslichem mehr herumschlagen.

 

Am zweiten Tag geht es munter weiter mit den Übungen. Zusätzlich wird nun auch ein Stück für das große Abschlusskonzert einstudiert. Auch müssen die Leistungsabzeichenanwärter sich Gedanken machen, welche Stücke bei der Prüfung zum Besten gegeben werden sollen. Ein Jagd- und ein Totsignal sind zum Erreichen der Bronze gefordert. Ich konzentriere mich auf die Signale “Sammeln der Jäger” und “Kaninchen tot”. Und das ist gut so. Als engagierter Anfänger freut man sich über jeden sauberen Ton. Das sehen die Lehrer nicht ganz so kritisch. Stattdessen ist Intonation gefragt. Das “freudige hoppeln” muss für den Zuhörer geradezu körperlich spürbar sein. Erst dann habe man das Stück bewältigt. Puuh!

Der zweite Tag vergeht wie im Flug. Vor dem Abendessen wiederum Theorie nebst Generalprobe für die Prüfung. Danach schon die “schriftliche” Prüfung. Hinterher zur allgemeinen Entspannung ein Quiztunier, von der Kursleitung organisiert. Hier konnte man endlich mal angesammeltes aber ansonsten unnützes Wissen von sich geben. Etwa wie viele Dimples ein Golfball hat oder wo sich das größte hölzerne Weinfass der Welt befindet? Wer weiss denn so was.

 

Schon ist Sonntagmorgen. Die mündliche Prüfung naht. Eine gewisse Nervosität liegt im Raum und ist nun greifbar. Ich bin als erster dran. Viel zu schnell ist es vorbei. Wenn man mal dran ist, würde man gerne noch mehr seines neuen Könnens zum Besten geben. Aber leider nur zwei Stücke.

Schade, nun ist es fast vorbei. Zum Abschluss werden die Urkunden ausgehändigt, die Es- und B-Bläser führen ihre gemeinsam erlernten Stücke vor und nach dem gemeinsamen Mittagessen und Fototermin geht es schon wieder ab nach Hause. Und nun merkt man wie viel man geübt hat. Die Lippen brennen und die Muskulatur schmerzt. Aber auch wie gut das Notenlesen klappt, wieviel besser die Töne klingen, wie man ein Stück intoniert, wie viel Luft man noch übrig hat, usw. Hat sich dieser Kurs also doch gelohnt und im Gegensatz zum Zahnarzt tat es auch nicht weh.

Bleibt nur noch die Frage wieso man sich nicht sofort für 2018-Kurs anmelden kann?

 

Wolfgang Häfelinger

 

Karlsruhe, im April 2017.